Geschichte

Hier soll ein kurzer Überblick über die Geschichte der Surselva und von Breil/Brigels aufgezeigt werden. Die Texte und Angaben stammen zum grössten Teil aus der vergriffenen Broschüre Cudischet da Breil/Brigels, erschienen 2005, aus dem vergriffenen Buch Breil/Brigels erschienen 2007 und aus dem Historischen Lexikon der Schweiz. 

Erste menschliche Spuren

Irgendwann im Mesopolitikum (10’000 – 5’000 v. Chr.) kamen wahrscheinlich die ersten Menschen in die Surselva. Doch erst seit ca. 4’500 v. Chr. scheint unsere Region auch dauerhaft bewohnt gewesen zu sein.

Auf Gebiet der Gemeinde Brigels stammen die ersten Spuren menschlichen Lebens aus der Bronzezeit. Auf den beiden Felskuppen Grep Patnasa bei Dardin und Tschuppina bei Brigels zeugen Schalensteine von zwei grösseren prähistorischen Anlagen.

Mit dem Einfall der Römer 15 v. Chr. beginnt die römische Herrschaft. Mit den Römern kommt auch die Sprache, das Latein, in die Surselva. Die Sprache der in der Surselva ansässigen Räter vermischt sich nach und nach mit der Sprache der Römer; daraus entsteht das Rätoromanische, das auch heute noch in weiten Teilen der Surselva gesprochen wird.

Christianisierung

Um 500 n. Chr. beginnt die Christianisierung der Surselva. Das Kloster Disentis wird um 700 gegründet. Gemäss Überlieferung errichtete der fränkische Mönch Sigisbert in der unbewohnten Gegend der Desertina eine Einsiedelei. Unterstützung erhielt Sigisbert vom einheimischen Placidus. Der Konvent, der noch heute existiert, wird im Verlaufe des 10. Jahrhunderts zur dominierenden Institution in der Surselva. Das fest der Disentiser Gründungsheiligen Placidus und Sigisbert ist der 11. Juli. 

Am 15. Dezember 765 schenkte Bischof Tello seine Gutshöfe Sagogn, Ilanz und Brigels dem jungen Kloster. Damit wird Brigels erstmals in einer Urkunde erwähnt. Es ist in lateinischer Sprache verfasst und gibt einen Einblick in die Wirtschafts- und Besiedlungsgeschichte der Surselva und der Dörfer Brigels, Dardin, Danis und Tavanasa. In der Urkunde ist von bregelo, ardunae, anives und abatissae die Rede.

Herren und Untertanen

Im 12. Und 13. Jahrhundert fördern die Grundherren unserer Region die Einwanderung der Walser, die wie es der Name sagt, aus dem Wallis kommen und für ihre Fähigkeit, auch die steilsten Hänge zu bewirtschaften, bekannt waren. So entstehen in Vals, Safien und Obersaxen Walserkolonien.

In der Feudalherrschaft des Mittelalters ist das Territorium der Äbte von Disentis ein Hochgericht. Wie jeder andere Fürst beanspruchen auch die Äbte das Recht der Jagd und des Fischfangs. Ferner werden die Gotteshausleute verpflichtet, den Zehnten auf Korn und Obst abzuliefern. Auch werden die Untertanen zum Frondienst gerufen. Die Brigelser müssen zum Beispiel am Verena-Tag im Flém im Val Frisal für das Kloster fischen.

Um sich gegen die Herrscher des fremden Adels zu wehren, schliessen sich im Verlaufe des 14. Und 15. Jahrhunderts die verschiedenen Gemeinden Graubündens zu drei Bünden zusammen. Der Graue Bund – vorerst Oberer Bund genannt – entstand im Wesentlichen durch den Zusammenschluss von 21 Gerichtsgemeinden aus den Talschaften des Vorder- und Hinterrheintals. Am 14.02.1395 schlossen die Abgeordneten der Gerichtsgemeinden zusammen mit dem Abt des Klosters Disentis und den Herren Johannes von Ilanz, Freiherr Ulkrich II. von Rhäzüns und Freiherr Albert von Sax-Misox ein ewiges Bündnis. 

Neue Führungsstrukturen

Gut hundert Jahre später stellen sich die Drei Bünde gegen die Macht der Kirche. Die Ilanzer Beschlüsse von 1524 und 1526 geben den einzelnen Gemeinden grosse Freiheiten; so erhalten die Gemeinden sogar die Freiheit, ihre religiöse Zugehörigkeit selber zu wählen. Während andere Bündner Regionen, wie z. B. Chur oder das Engadin, reformiert werden, bleibt die obere Surselva bis heute eine vorwiegend katholische Region.

Mit der Gründung der Republik der Drei Bünde im Jahr 1524 wurde das politische Leben demokratisch organisiert. In dieser Zeit vollzog sich der Wechsel zur neuen, demokratisch gewählten Elite. Eine Familie, die in dieser Zeit eine steile Karriere startete, waren die de Turrè (die vom Turm) von Brigels. Der Turm befand sich auf dem kleinen Hügel Marmarolla am Ostrand des Dorfes. Er ist Ende des 15. Jahrhunderts abgebrannt. Vom 17. Bis zum 19. Jahrhundert gehörten die de Latour zu den bedeutendsten Familien der Surselva. Als Offiziere in fremden Diensten haben sie international Geschichte geschrieben. Aber auch in der Politik haben die de Latour Karriere gemacht und während drei Jahrhunderten das Geschehen in der Gemeinde, im Grauen Bund, in der Republik der Drei Bünde und im jungen Kanton Graubünden mitgestaltet.

In den Wirren der europäischen Geschichte

Im 17. Und 18. Jahrhundert erholt sich die Surselva von einer Zeit voller Spannungen, Kriege und Krankheiten. Das religiöse Leben rückt wieder ins Zentrum. Passionen, Strafgerichte und Prozessionen, die noch heute ein wichtiger Bestandteilder surselvischen Kultur sind, sollen dem religiösen Bündner Oberländer den richtigen Weg zeigen.

Die Französische Revolution trägt die europäische Politik und deren Konflikte bis in die Surselva. So überqueren z. B. 1799 die russischen Truppen des generals Suworow den Panixer Pass. Im gleichen Jahr fallen die Franzosen in Disentis ein und zerstören Teile des Dorfes und des Klosters. Die neue napoleonische Ordnung gliedert Graubünden 1803 in die Eidgenossenschaft ein und beschliesst damit das Ende der Drei Bünde.

Die Romanische Sprache

Mit der Reformation wächst das Bedürfnis nach einer romanischen Schriftsprache, denn wie Luther wollen auch romanische Reformatoren die Bibel in die Sprache ihres Volkes, ins Romanische, übersetzen. In der Surselva ist es Steffan Gabriel, ein reformierter Pfarrer aus Ilanz, der zu Beginn des 17. Jahrhunderts die ersten romanischen Texte verfasst. Als Engadiner in der Surselva wäre Gabriel die ideale Person gewesen, um eine einheitliche romanische Schriftsprache zu schaffen. Aus verschiedenen Gründen ist es jedoch nicht dazu gekommen und so gibt es heute noch fünf geschriebene Idiome.

Zu Beginn des 19. Jahhunderts wollte man das Romanische, das sich mittlerweile in verschiedene standardisierte Idiome entwickels hatte, aus wirtschaftlichen Gründen sterben lassen. Verschiedene Persönlichkeiten aus Politik, Bildung und Kirche setzen sich jedoch erfolgreich fürs Romanische ein, was zu einer Renaissance des Romanischen führte. Einer, der sich sehr stark für die Entwicklung und Förderung der romanischen Sprache eingesetzt hat, war der Brigelser Historiker und Schriftsteller Giacun Hasper Muoth.

Seit 1982 gibt es eine einheitliche Schriftsprache, das Rumantsch Grischun, aber ihre Akzeptanz ist sehr bescheiden.

Fortschritt und Tourismus

Das 20. Jahrhundert bringt grosse Veränderungen in die Surselva. Neben dem Strassenbau und der Elektrifizierung ist vor allem auch die Bahn ein Zeichen des Fortschritts. Die Linie Reichenau – Ilanz wird 1903 eröffnet, die Linie Ilanz Disentis 1912 und 1926 die Linie Andermatt – Disentis.

1870 wurde die erste fahrbare Strasse von Waltensburg/Vuorz nach Brigels gebaut und 1914 wurden die Dörfer Brigels, Dardin und Danis-Tavanasa durch eine Strasse miteinander verbunden.

Mit der Bahn und den fahrbaren Strassen kommt auch der Tourismus in die Surselva. In Brigels ist es eine Frau, die die Initiative ergreift und den Sommertourismus zum Durchbruch verhilft. 1873 baut Fausta Capaul (1847 – 1927) ihr Haus um und richtet es als einfache Pension ein. Gleichzeitig beginnt sie, das Dorf als Kurort bekannt zu machen. Wie das Gästebuch zeigt, hatte Fausta Capaul Erfolg, denn viele illustre Gäste stiegen bei ihr ab.